Ein Notfall auf dem Gnadenhof

Gestern Abend kam Miranda von der Weide und ich merkte schnell, dass etwas nicht stimmt. Es war Fütterungszeit, die Pferde sollten ihre Abend-Ration, Horse Alpin Senior bekommen.

Miranda ging auch zu ihrem Eimer, aber sie fraß nicht. So wie das Pferd aussah wusste ich sofort, da lag etwas im Argen. Ihre Nüstern waren weit geöffnet und sie hatte einen ängstlichen Blick.

Jetzt ging die Stute auch noch nervös im Stall hin und her. Schwitzte und speichelte extrem, leckte sich die Lippen. Plötzlich hustete sie heftig und dabei kam, mit einem furchtbaren Geräusch, ein großer Schwall Flüssigkeit, aus Maul und Nüstern.

Miranda röchelte und musste wieder husten. Wieder kam Flüssigkeit aus Maul und Nase geschossen. Das ging noch ein paarmal so. Dazwischen flehmte sie, streckte den Kopf vorwärts, abwärts, lief wieder nervös herum.

Ich rief sofort den Tierarzt an und schilderte so gut ich konnte die Symptomen.

„Das hört sich nach einer Schlundverstopfung an“, sagte er. Ich sollte bis zu seinem Eintreffen, Erste Hilfe am Pferd leisten. Er erklärte, auf die linke Seite des Pferdes gehen und hier kräftig den Hals massieren.

Beim Pferd liegt die Speiseröhre auf der linken Seite, die nun durch Futter verstopft war. Sollte ich beim massieren einen Futterball ertasten, sollte ich diesen fest drücken und kneten. Dadurch könnte er sich auflösen und das Problem hätte sich damit erledigt.

Schnell ging ich zu Miranda zurück und massierte ihren Hals. Sie war ganz brav und ließ es sich gefallen. Ich hatte den Eindruck, dass ihr meine Massage sogar an einer Stelle gut tat. Denn sie schob drückte mir ihren Hals entgegen, wenn ich dort drückte.

Einen Futterball konnte ich aber leider nicht fühlen.

Miranda machte ab und an harte Schluckgeräusche und röchelte leicht. Dann hustete sie wieder und es kam etwas Wasser aus dem Maul. Die Symptome einer Schlundverstopfung sind wirklich heftig. Ich hatte so etwas noch nie erlebt und entsprechend groß war mein Schreck.

Ich war so froh, als der Tierarzt endlich eintraf. Es stand schon ein Eimer mit Wasser für ihn bereit. Er spritze der Stute ein Mittel, das die Speiseröhre entspannen sollte und noch eine leichte Sedierung.

Schnell war klar, die Verstopfung musste gespült werden, sie saß offensichtlich sehr tief. Der Tierarzt führte einen  Schlauch in das linke Nasenloch des Pferds ein. Das war unangenehm für die Stute, aber sie zuckte nur kurz und blieb dann ruhig stehen.

Der Tierarzt sagte: „Der Anfang ist immer am unangenehmsten“.

Stück für Stück schob er den Schlauch tiefer. Dabei drückte er abwechselnd Wasser in den Schlauch und ließ es wieder ablaufen. Ab und zu kam ein grüner Futterbrei zum Vorschein und die arme Miranda würgte, schnaufte und röchelte.

Plötzlich war der Schlauch verstopft und der Tierarzt musste ihn ganz rausziehen und säubern. Deshalb musste die Stute leider noch einmal den unangenehmen Anfang ertragen. „Tut mir leid“, sagte der Tierarzt. Wieder zuckte Mirana als der Schlauch vom Nasenloch, in die Speiseröhre geschoben wurde.

Langsam schob der Tierarzt den Schlauch tiefer und tiefer. Kurz vor dem Mageneingang würgte Miranda laut und es kam ein dicker grüner Brei aus dem Schlauch. Das musste die Verstopfung gewesen sein, denn danach ging es ganz einfach.

Als der Schlauch im Magen war, strömten die Magen-Gase heraus. „Jetzt haben wir es geschafft“, sagte der Tierarzt und sog den Schlauch heraus. „Hast Du brav gemacht“, sagte er und streichelte die Stute.

Nach der Behandlung sprachen wir über den Auslöser der Schlundverstopfung. Das Futter schlossen wir aus. Miranda hatte nur ihr gewohntes Futter erhalten und ich weiche immer alles sehr gründlich ein.  Der Tierarzt vermutete, dass es an den Zähnen liegen könnte. Deshalb werden die am Montag kontrolliert und gegebenenfalls gemacht.

Der Tierarzt verabschiedete sich und ich blieb noch bei Miranda im Stall, bis sie nicht mehr drömelig von der Sedierung war. Sie war nun ganz ruhig und etwas müde. Ich führte sie auf die Weide und wartete ab, wie sie sich verhalten würde. Sie fraß etwas Gras, blieb ruhig und entspannt.

Heute Morgen macht sie einen guten Eindruck. Sie Frisst und ist entspannt.

Wir hoffen, dass es keine weiteren Komplikationen gibt.

Miranda 20.01.2020 a

 

Über Hilfe für Miranda

Wir helfen Miranda, einer ausrangierten Hannoveraner Zuchtstute. Wir sind eine kleine Gruppe Privatpersonen, die sich durch den Fall Miranda kennen lernten und eine Hilfsaktion daraus machten! Daraus ist 2015 der gemeinnützige Tierschutzverein "Tierhilfe Miranda e.V." geworden. Miranda bekam Freunde dazu und nun kümmern wir uns ausschließlich um alte und unvermittelbare Tiere. Mit unserem Blog wollen wir auch auf das Schicksal der Zuchtstuten aufmerksam machen. Denn sie landen fast alle beim Schlachter, sobald sie keinen Gewinn mehr bringen. Miranda steht stellvertretend für alle Zuchtstuten, denn auch ihr Weg war schon beschlossen. Mit 20 Jahren und nach zwei Totgeburten, sollte sie geschlachtet werden. Nur weil wir sie freikauften, einen Gnadenbrot-Platz für sie schafften, retteten wir ihr das Leben. Der Blog berichtet aktuell über Mirandas neues, artgerechtes Rentnerleben. Wir möchten niemanden anklagen oder verurteilen, wir möchten nachdenklich machen. Schön wäre ein Umdenken bei Züchtern und Reitern zu erreichen. Wir möchten auch Unterstützung finden. In Form von Mithilfe, Sachspenden und Spenden, damit wir Miranda ein wundervolles Leben ermöglichen können. Sie hat verdient, nach vielen Jahen als Gebärmaschine würdevoll und artgerecht behandelt zu werden. Wir möchten auch, dass jeder der nun weiß, was mit ausrangierten Zuchtstuten passiert, die Geschichte weiter erzählt. Dafür sagen wir DANKE!
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26 Antworten zu Ein Notfall auf dem Gnadenhof

  1. Linsenfutter schreibt:

    Hoffentlich geht das alles gut. Ich drücke Euch ganz fest die Daumen.
    LG Jürgen

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  2. Katzenfluestern schreibt:

    OMG, was für ein Schreck. Ihr Ärmsten, sowas braucht kein Mensch und kein Pferd. Ich wünsche ganz doll gute Heilung und dass jetzt alles wieder gut ist. Und ein ruhiges Wochenende wünsche ich ❤

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  3. Harry schreibt:

    Na Gott sei Dank ist alles gut gegangen, Miranda hat ein tapferes Frauerl und einen super Tierarzt alles Gute Gruß Harry

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    • Hilfe für Miranda schreibt:

      Vielen Dank lieber Harry!
      Ich bin froh, dass ich in solchen Momenten ruhig bleiben kann und das Miranda so viel Vertrauen zu mir hat. Sie weiß irgendwie, dass ich ihr helfen will. Und unser Tierarzt ist einfach super.
      LG Susanne

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  4. einfachtilda schreibt:

    Puhh, das war aber arg :–(

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  5. Stella, oh, Stella schreibt:

    Schockschwerenot! Bewunderswert, wie Miranda mitmacht. Sie muss sehr viel Vertrauen haben. ❤

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    • Hilfe für Miranda schreibt:

      Ja, mir kommen ein paar Tränchen der Rührung, wenn ich daran denken, wie Miranda mir vertraut. Da ist ein ganz enges Band zwischen uns entstanden, in all den Jahren.
      LG Susanne

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      • Stella, oh, Stella schreibt:

        Das kann ich gut verstehen! ❤ ❤

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        • Hilfe für Miranda schreibt:

          Pferde haben eine genauso starke Verbindung zu ihrem Menschen, wie Hunde. Deshalb verstehe ich nicht, wie man sie am Ende, wenn sie dem Menschen nicht mehr dienen, schlachten lassen kann. Mirandas Züchter wollte sie auch herzlos schlachten lassen. Sie kam bei ihm als Fohlen zur Welt und lebte 20 Jahre lang bei ihm. Sie vertraute ihm und er wollte sie einfach entsorgen. Wie einen alten Lappen, den man nicht mehr braucht. Man lässt doch keinen Freund schlachten!
          LG Susanne

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          • Stella, oh, Stella schreibt:

            Ich muss gestehen, dass mir das auch völlig unbegreiflich ist. Die müssen ihre Tiere als reine Geschäftsobjekte ansehen.

            Ich weiss von ein paar Bauern aus Dithmarschen, die geben nur ihren Milchkühen Namen. Das Schlachtvieh bekommt nur Nummern, damit sie keine Beziehung zu den Viechern aufbauen. Wenn sie so „empfindlich“ sind, warum dann überhaupt Tiere schlachten (lassen)?

            Gefällt 1 Person

            • Hilfe für Miranda schreibt:

              Die Bauern müssen ja von irgendwas leben. Aber viele Bauern machen den ganzen Mist mit der Massentierhaltung nicht mehr mit. Ich kenne nicht wenige Bauern, die wirklich ein gutes Verhältnis zu ihren Tieren haben. Die mutig einen anderen Weg einschlagen und nicht den von unserer Regierung unterstützten Massentierhaltung gehen. Obwohl sie finanzielle Nachteile haben. Alle halten nur wenige Kühe, betreiben teilweise Mutterkuhhaltung, füttern ausschließlich Gas und Heu. Es wird überhaupt kein Mais oder Soja zugefüttert. Die Tiere sind den Sommer über draußen. Geschlachtet wird nur beim kleinen, im Dorf ansässigen Schlachter. Der hat immer nur 1 Tier aus der Region im Angebot, die Ohrmarkennummer steht auf einem Schild an der Wand. Er kauft ausschließlich Tiere aus der Region, die ohne Kraftfutter gefüttert wurden.

              Gefällt 2 Personen

              • Stella, oh, Stella schreibt:

                Das ist dann schon ganz was anderes. Man könnte ja auch die Produktion umstellen, aber das machen sie wahrscheinlich gleichzeitig mit dem Herunterschrauben des Tierbestands. Früher war Fleisch etwas, was man sich gar nicht jeden Tag leisten konnte, und das war gut so!

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                • Hilfe für Miranda schreibt:

                  Die Bauern mit wenigen Rindern die ich kenne, lassen auch nur wenige Tiere schlachten. Diese Tiere durften langsam heranwachsen, ohne Mastfutter und wurden wesentlich älter, bevor sie geschlachtet wurden, als die aus der Massentierhaltung. Die leben ja nur ein paar Monate. Außerdem verkaufen diese Bauern ihre Milch an eine kleiner Meierei bei uns in der Gegend. Sie bekommen da ein paar Cent mehr, pro Liter. Die Molkerei Hasenfleet produziert noch traditionell wie früher und mit Milch aus Weidehaltung und ohne Kraftfutter. https://www.molkerei-hasenfleet.de/ Du hast recht, Fleisch muss wieder etwas besonderes werden. Nur dann geht es den Tieren besser. Wenn ich etwas zu sagen hätte, dürfte kein Fleisch mehr im Sonderangebot verkauft werden. Wenn man sich anguckt wie Aldi und Co. Fleisch verscherbeln, wer soll denn da noch Respekt vor den Tieren haben?

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  6. bernadett schreibt:

    Zum Glück ist alles noch mal gut gegangen.Du hast super reagiert und Miranda vertraut Dir. Euer Tierarzt scheint sein Handwerk ja auch richtig gut zu verstehen.Von Schlundverstopfung beim Pferd habe ich auch noch nie etwas gehört.Ich kann mir vorstellen,wie Dir zumute war.Schließlich ist sie ja nicht mehr die Jüngste,da befürchtet man ja schon mal das Schlimmste.Hoffentlich geht es ihr jetzt wirklich besser und solche Verstopfung tritt nicht wieder auf.Jetzt drücken wir die Daumen für Montag für die Zähne…
    LG Uwe

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    • Hilfe für Miranda schreibt:

      Lieber Uwe,
      ich kannte diese Schlundverstopfung auch nicht. Hatte zum Glück vorher nie eine erleben müssen. Das ist ein ganz schöner Schreck, sage ich Dir. Ich bin so froh, dass die Pferde hier ständig unter Kontrolle sind. So bestand die Schlundverstopfung noch nicht lange. Das ist nämlich immer ein echter Notfall. Die Gefahr besteht, dass Nahrungsteile in die Lunge kommen. Dann kann es zu einer Lungenentzündung kommen, die tödlich enden kann. Deshalb muss ich Miranda weiterhin gut beobachten. Falls sie Fieber bekommt oder abgeschlagen wirkt, muss sofort der Tierarzt her. Gestern war alles gut, sie fraß und benahm sich wie immer. Sie macht zum Glück auch heute Morgen einen guten Eindruck. Hoffen wir, dass es mit gemachten Zähnen nie wieder vorkommt.
      Liebe Grüße
      Susanne

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  7. Fjonka schreibt:

    Ach Du Sch***! Habe grad ne Gänsehaut bis auf den Rücken!
    Das muß ja fürchterlich gewesen sein, ich bin froh, gleich den guten Ausgang mitlesen zu dürfen!

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  8. Hedwig Mundorf schreibt:

    Ach, Du Schreck, bloß gut, dass der Tierarzt gleich kam. Gute Besserung und Liebe Grüße!

    Gefällt 2 Personen

  9. Pingback: Mirandas Krankengeschichte – Teil 1 | Tierhilfe Miranda e.V.

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