Frostige Tage – Fortsetzung

Problem Nr. 2 waren die Bodenverhältnisse.

Bevor der Frost einsetzte, regnete es hier ohne Ende. Der Boden vor dem Stalleingang verwandelte sich in eine knietiefe Matschschicht. Das Wasser sammelte sich in Löchern, die die Pferde in den Matsch getreten hatten und lief auch in den Stall.

Aus dem Stall konnte ich das Wasser noch vor dem Frost rausschöpfen. Auch versuchte ich den Paddock mit Erde aufzuschütten. Das war extrem anstrengend, weil die schwere Schubkarre kaum durch den Matsch zu schieben war.

Ich wollte für die Pferde einen befestigten Weg neben dem Stall anlegen. Damit sie auch bei Frost auf die Weide gelangen können. Obwohl ich mir einen Wolf schaufelte, schaffte ich nur die Hälfte der Strecke, dann war der Boden auch schon knallhart gefroren.

Unsere Pferde leben hier in einem großzügigen Offenstall. Sie können sich das ganze Jahr frei bewegen und selbst entscheiden, ob sie im Stall stehen wollen oder nicht. Hinter dem Laufstallbereich haben wir zwei separate Pferdeboxen, die aber eigentlich nur noch in der Silvesternacht benutzt werden.

Der Stall ist sehr groß für zwei Pferde – nicht viele Pferde haben so viel Platz zur Verfügung!

Früher mussten unsere Pferde im Winter öfter in die Box. Das lang an Miranda und ihre Vorgeschichte. Die Stute stand bei ihrem früheren Besitzer das ganze Winterhalbjahr, von Oktober bis Mai, in einem gemauerten Stall ohne Fenster. Sie kam die ganzen Monate nicht einmal aus ihrer Box, auch nicht wenn gemistet wurde.

Miranda war 20 Jahre alt als sie auf unseren Hof kam und hatte noch nie den Winter gesehen. Sie war also eine Großmutter, als sie bei uns ihren ersten Winter erlebte und zum ersten Mal in ihrem Leben Schnee sah. Miranda kam damit überhaupt nicht klar und drehte total durch. Vor 9 Jahren waren die Winter auch noch kälter und länger.

„Was ist das denn für ein weißes Zeug???“

Die Stute kapierte einfach nicht, dass sie auf hartgefrorenem Boden vorsichtig gehen muss. Sie galoppierte volle Elle, total kopflos und panisch, über das Eis. Das ging natürlich gar nicht. Also musste ich sie bei Frost in die Box sperren, denn auch im großen Laufstallbereich drehte sie total am Rad. Sprang in wilden Galoppsprüngen herum und donnerte ohne Rücksicht auf sich selber durch den Stall.

Durch die frühere nicht artgerechte Haltung, hatte die Stute einen Stallkoller entwickelt. Also musste sie leider in der Box stehen, wenn der Boden gefroren war. Damals lebte der gute alte Bachus noch.

Ich musste mir echt was einfallen lassen, damit die Stute nicht abdrehte. Beim Misten säuberte ich zuerst die Box von Bachus, parkte Miranda dann in seine Box um und säuberte ihre. In dem Laufstallbereich konnte ich sie nicht frei laufen lassen, weil sie sich dann aufregte, hineinsteigerte (was sie damals besonders gut konnte) und wie eine Bekloppte herumsprang.

Vorsichtshalber trug Miranda ein Halfter, falls sie wieder durchgehen sollte.

Jeden Winter übte ich bei ungefährlichen Bodenverhältnissen mit der Stute. Wenn Schnee lag, überredete ich sie mit mir zu kommen. Es dauerte immer etwas, bis sie es wagte den ersten Fuß heraus aus dem Stall, auf den Schnee zu setzen. Ich hatte Geduld und vermittelte ihr, dass ich ihr zutraute das Problem zu lösen. Langsam wurde es besser. Toll war, als sie sich irgendwann nicht mehr fürchtete, wenn das weiße Zeug vom Himmel fiel.

Mehr als einmal stellte ich mich todesmutig vor das durchgedrehte Pferd, um es zu stoppen!

Alte Pferde sollten sich möglichst immer bewegen können und nicht in einer Box eingesperrt sein. Langes Stehen geht zu sehr auf die Knochen. Eigentlich sollte kein Pferd in einer Box stehen müssen. Miranda fängt vorne links an zu lahmen, wenn sie zu lange gestanden hat.

Mittlereile sind wir schon so weit gekommen, dass ich Miranda viel mehr zutrauen kann. Diesmal war der Boden vor dem Stall gefroren, teilweise mit Eis bedeckt, uneben und deshalb schwierig zu gehen. Es handelte sich aber nur um einen kleinen Bereich, dahinter wurde der Boden besser.

Also ließ ich die Pferde im Laufstallbereich und beobachtete genau, wie sie sich verhielten. Sie sollten selbst entscheiden, ob sie den Stall verlassen wollten oder nicht. Ich vertraute den beiden und es klappte wunderbar. Sie machten das einfach toll, gingen ganz vorsichtig, überlegten erst und suchten sich den besten Weg.

Über Hilfe für Miranda

Wir helfen Miranda, einer ausrangierten Hannoveraner Zuchtstute. Wir sind eine kleine Gruppe Privatpersonen, die sich durch den Fall Miranda kennen lernten und eine Hilfsaktion daraus machten! Daraus ist 2015 der gemeinnützige Tierschutzverein "Tierhilfe Miranda e.V." geworden. Miranda bekam Freunde dazu und nun kümmern wir uns ausschließlich um alte und unvermittelbare Tiere. Mit unserem Blog wollen wir auch auf das Schicksal der Zuchtstuten aufmerksam machen. Denn sie landen fast alle beim Schlachter, sobald sie keinen Gewinn mehr bringen. Miranda steht stellvertretend für alle Zuchtstuten, denn auch ihr Weg war schon beschlossen. Mit 20 Jahren und nach zwei Totgeburten, sollte sie geschlachtet werden. Nur weil wir sie freikauften, einen Gnadenbrot-Platz für sie schafften, retteten wir ihr das Leben. Der Blog berichtet aktuell über Mirandas neues, artgerechtes Rentnerleben. Wir möchten niemanden anklagen oder verurteilen, wir möchten nachdenklich machen. Schön wäre ein Umdenken bei Züchtern und Reitern zu erreichen. Wir möchten auch Unterstützung finden. In Form von Mithilfe, Sachspenden und Spenden, damit wir Miranda ein wundervolles Leben ermöglichen können. Sie hat verdient, nach vielen Jahen als Gebärmaschine würdevoll und artgerecht behandelt zu werden. Wir möchten auch, dass jeder der nun weiß, was mit ausrangierten Zuchtstuten passiert, die Geschichte weiter erzählt. Dafür sagen wir DANKE!
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15 Antworten zu Frostige Tage – Fortsetzung

  1. michaelcarljohanns schreibt:

    Noch nie erlebt oder gesehen wie ein Pferd sich bei Schnee verhält wenn es das erste Mal damit konfrontiert wird.

    Gefällt 1 Person

    • Hilfe für Miranda schreibt:

      Man kann nur hoffen, dass Pferde schon in ihrer Jugend zum ersten Mal Schnee gesehen haben. Sonst wird es schwierig mit einem Fluchttier, wie das Pferd eines ist. Miranda kann ja nichts dafür, dass sie in ihrem Leben nicht viel gesehen und erlebt hat.

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      • michaelcarljohanns schreibt:

        Pferde sind glaube ich etwas schreckhaft wenn es etwas Neues gibt.

        Ich habe da mal eine Frage. Weiß Du wie Pferde Objekte wahrnehmen ?

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        • Hilfe für Miranda schreibt:

          Ja, Pferde sind Fluchttiere und rennen erst einmal panisch davon, wenn sie etwas nicht kennen oder ihnen etwas komisch vorkommt.
          Nein, wie ein Pferd Objekte wahrnimmt kann ich Dir nicht sagen. Ich weiß nur, dass Pferde einen fast Rundumblick haben. Das liegt an der Position ihrer Augen. Nur direkt vor und direkt hinter ihnen, können sie nichts sehen, haben dort einen toten Winkel. Sie sehen wohl auch nicht so gut wie ein Mensch, können dafür aber kleinste Bewegungen wahrnehmen. ich weiß nur, damit ein Pferd ein Objekt scharf sehen kann, muss es den Kopf bewegen.

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  2. pflanzwas schreibt:

    Das ist doch toll, wie sie sich entwickelt hat und daß du ihr so geduldig geholfen hast. Unglaublich, daß sie aufgrund ihrer Haltung keinen Winter kannte und wie schön, daß sie jetzt damit klarkommt! LG Almuth

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    • Hilfe für Miranda schreibt:

      Anfangs war das ganz schön anstrengend und für uns beide gefährlich. Wenn sie kopflos und voller Panik herumgesprungen ist, hätten sie sich oder auch mich verletzen können. Es wurde besser, als sie mir immer mehr vertraute. Ich zeigte ihr, dass ihr zutraute Probleme selbst zu lösen und sie traute sich zu handeln. Davor ging sie Neuem lieber aus dem Weg. 😀
      LG Susanne

      Gefällt 2 Personen

  3. Stella, oh, Stella schreibt:

    Es ist unglaublich was die vorigen Besitzer von Miranda ihr angetan haben, aus Indifferenz und Geldgier. Ich kann nur wiederholen, wie gut, dass sie bei dir gelandet ist!
    Meine eine Nachbarin hat zwei Hunde „geerbt“, die nie draussen waren. Die haben auch vor allem Angst.

    Gefällt 2 Personen

    • Hilfe für Miranda schreibt:

      Die armen Hunde. Ich finde es toll, dass Deine Nachbarin sich um die beiden kümmert. Das ist eine richtige Aufgabe, die viel Geduld erfordert. Aber man kann solche Hunde wieder hin bekommen und ihnen ein lebenswertes Leben schenken. Ich wünsche ihr viel Glück und Erfolg.

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      • Stella, oh, Stella schreibt:

        Mit dem einen klappt es etwas besser als mit dem anderen, der dazu auch noch fast blind ist. Die wären ansonsten in irgendeinem Tierheim gelandet. Dann haben die Leute sie auch noch angelogen, dass die Hunde sich gut verstehen. In Wirklichkeit können sie nicht in einem Raum zusammen sein … Leute gibt das.

        Gefällt 1 Person

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