Zahnbehandlung

Miranda hat die gestrige Zahnbehandlung gut überstanden.

Diesmal war die Stute nicht so kooperativ. Aber wer will ihr das verdenken. Eine Zahnbehandlung beim Pferd sieht echt gewaltig aus, die Arbeitsgeräte machen Krach, vibrieren und es stinkt.

Auch das bravste Pferd, lässt sich nicht gern im Maul herummachen. Trotz Sedierung zog Miranda den Kopf hoch und kaute ununterbrochen auf dem Maulgatter herum. So konnte der Tierarzt nicht arbeiten, also musste er nachsedieren.

Die Stute war nun ordentlich zugedröhnt und konnte keinen Widerstand mehr leisten. Leider stand sie nun auch etwas wackelig auf den Beinen.

Der Tierarzt schaute sich das Gebiss ganz genau an. Ein Zahn im Unterkiefer war ausgefallen. Der darüber liegende Zahn war aufgrund fehlenden Abriebes, zu lang geworden und verhinderte die natürliche Mahlbewegung beim Fressen. Der Tierarzt kürzte ihn und korrigierte auch noch einige Haken.

Ein Backenzahn war locker und musste gezogen werden.

Mirandas Zahn 11.05.2020 c

Nach der Behandlung blieb ich bei Miranda. Ich stellte sie nicht in die Box, weil die Stute so tief sediert war und drohte umzufallen. Der Laufstallbereich erschien mir sicherer, sollte sie wirklich fallen.

Der Tierarzt hatte den Hof verlassen und so stand ich mit dem schlafenden Pferd alleine da und hoffte sie würde auf den Beinen bleiben. Immer wieder sackte Miranda plötzlich ein, fing sich im letzen Moment und blieb schwankend stehen.

Dann entlastete sie auch noch ihr linkes Hinterbein und legte es in ihrem Rausch, über das rechte Hinterbein. Dort schwebte es in der Luft. Die Stute stand also hinten nur noch auf einem Bein, während ihr linkes regelrecht verkantet war.

„Das darf doch wohl nicht wahr sein, was machst du denn da?“ frage ich die vollgedröhnte Stute, die keinerlei Notiz von mir nahm. Dafür schwankte sie bedrohlich zur linken Seite, wo ja kein stützendes Bein war.

Ich versuchte vergeblich mit anstupsen und anfeuernden Worten, das betäubte 600 kg Tier von der Stelle zu bewegen. Sie blieb stehen und bekam nichts mit. Dafür drückte sie nun auch noch ihren Kopf gegen die Wand, so dass ihr Auge gefährdet wurde!

Die Augen bleiben während einer Sedierung offen. Um das Auge zu schützen, musste ich den schweren Pferdekopf festhalten. So stand ich mit dem Kopf in meinen Armen da und wartete darauf, dass Miranda wach wurde. Der Kopf wurde immer schwerer…

Sobald sie wieder guckt wie ein Pferd ist sie wieder wach, hatte der Tierarzt gesagt.

Über eine Stunde musste ich warten, bis endlich ihre Ohren anfingen, hin und her zu gehen. Das erste Anzeichen, dass die Stute langsam wieder wach wurde. Jetzt bekam ich sie dazu, einen Schritt von der Wand weg zu gehen und dabei stellte sie beide Hinterbeine auf den Boden.

Der blonde Rocker hatte sich ganz süß verhalten. Zuerst musste er seine Nase in die Sachen des Tierarztes stecken. Untersuchte den Koffer, die Kabeltrommel und wollte das Halfter mit dem Maulgatter klauen. Doch in der Aufwachphase stellte er sich ganz brav zu uns und döste mit.

Dabei war seinen Kopf ganz nah an meinem Arm, ich konnte seinen warmen Atem spüren.

Als Miranda wieder wie ein Pferd guckte, führte ich sie ein paar Runden im Stall herum, ging mit ihr auf die Koppel und ließ sie laufen. Die Stute konnte sofort ganz normal fressen und war auch nicht beleidigt.

Als ich um 17.00 Uhr mit den Futtereimern auf die Weide kam, lief sie mir gleich entgegen. Fraß ohne Probleme und machte einen entspannten und zufriedenen Eindruck.

Den Pferdezahn hatte ich im Haus auf ein Regal gelegt, Buddha zu Füßen.

Buddha Zahn 12.05.2020 b

Als ich nach der Fütterung zurück ins Haus kam, kaute Giada auf irgendetwas herum. Ich nahm es ihr weg und siehe da, es war der Zahn!

Mir ist schleierhaft, wie Giada den Zahn entdecken und von einem 1,50 Meter hohen Regal nehmen konnte? Ich weiß, Maremmanos sind echte Kontrollfreaks und nehmen jede kleine Veränderung wahr. Aber einen Zahn zu bemerken, finde ich wirklich mehr als erstaunlich.

 

Über Hilfe für Miranda

Wir helfen Miranda, einer ausrangierten Hannoveraner Zuchtstute. Wir sind eine kleine Gruppe Privatpersonen, die sich durch den Fall Miranda kennen lernten und eine Hilfsaktion daraus machten! Daraus ist 2015 der gemeinnützige Tierschutzverein "Tierhilfe Miranda e.V." geworden. Miranda bekam Freunde dazu und nun kümmern wir uns ausschließlich um alte und unvermittelbare Tiere. Mit unserem Blog wollen wir auch auf das Schicksal der Zuchtstuten aufmerksam machen. Denn sie landen fast alle beim Schlachter, sobald sie keinen Gewinn mehr bringen. Miranda steht stellvertretend für alle Zuchtstuten, denn auch ihr Weg war schon beschlossen. Mit 20 Jahren und nach zwei Totgeburten, sollte sie geschlachtet werden. Nur weil wir sie freikauften, einen Gnadenbrot-Platz für sie schafften, retteten wir ihr das Leben. Der Blog berichtet aktuell über Mirandas neues, artgerechtes Rentnerleben. Wir möchten niemanden anklagen oder verurteilen, wir möchten nachdenklich machen. Schön wäre ein Umdenken bei Züchtern und Reitern zu erreichen. Wir möchten auch Unterstützung finden. In Form von Mithilfe, Sachspenden und Spenden, damit wir Miranda ein wundervolles Leben ermöglichen können. Sie hat verdient, nach vielen Jahen als Gebärmaschine würdevoll und artgerecht behandelt zu werden. Wir möchten auch, dass jeder der nun weiß, was mit ausrangierten Zuchtstuten passiert, die Geschichte weiter erzählt. Dafür sagen wir DANKE!
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27 Antworten zu Zahnbehandlung

  1. Linsenfutter schreibt:

    Das liest sich absolut spannend. Da hast Du aber echt die Nerven behalten. Kompliment.
    LG Jürgen

    Gefällt 3 Personen

  2. Anna schreibt:

    So ein Maulgatter ist wirklich ein heftiges Teil… Und die anderen pferdezahnärztlichen Instrumente haben auch beeindruckende Dimensionen.
    Schön, dass Miranda die Behandlung gut überstanden hat. Und Deine Arme sind hoffentlich nicht zu lang geworden beim Kopfhalten.

    Gefällt 2 Personen

  3. pflanzwas schreibt:

    Beeindruckend, berührend, schön – diese Geschichte mit Happy End! Was für ein Zahn, wow. Das Giada dann auch noch mitspielt, ist ja lustig. Ein Hund, der auf einem Pferdezahn kaut, holla 🙂 Und daß du so lange durchgehalten hast, da warst du echt tapfer. Zum Glück war es „nur“ eine Stunde…noch mal wow! LG Almuth

    Gefällt 2 Personen

    • Hilfe für Miranda schreibt:

      Der Zahn ist ein ganz schöner Oschi. Was der allein schon für ein Gewicht hat! Unglaublich. Kein Wunder, dass ein Pferdekopf so schwer ist. Nach einer Stunde Kopf halten, war ich wirklich platt. 🙂
      Das Giada den Pferdezahn gefunden und mit auf ihren Platz genommen hat, finde ich auch seltsam. Sie muss den ja gerochen haben. Denn ich hatte ihn ihr nicht gezeigt. Sie war nicht dabei, als ich ihn in das Regal legte. Maremmanos scannen ihre Umgebung und überprüfen jede Veränderung. Aber das ist wirklich der Hammer.
      LG Susanne

      Gefällt 1 Person

  4. karfunkelfee schreibt:

    Puh, die Arme Miranda…
    Und Du mit dem schlafenden Pferd im Arm – eine armmuskelstählende Geduldsache – doch auch ein inniges Vertrauensbild und ich wünschte, alle alten Tiere könnten es so gut haben wie Deine Gnadenhofbewohner…
    Fein, dass es bei Euch geregnet hat.
    Hoffentlich kommt noch mehr.
    Ganz liebe Grüße,
    Amélie

    Gefällt 1 Person

    • Hilfe für Miranda schreibt:

      Liebe Amélie,
      ich konnte die arme Miranda nicht einfach in ihre Box stellen, bis sie wieder wach ist. Es gibt sicher nicht wenige, die das einfach gemacht hätten. Aber das alte Mädchen konnte sich kaum auf den Beinen halten. Sie weiß doch, dass ich immer für sie da bin und ihr helfe so gut ich kann. Ich habe natürlich so gut es ging, auch an meine Sicherheit gedacht, als ich das große und schwere Tier stützte. Ein Weichei darf man in so einer Situation nicht sein.
      Habt Ihr auch etwas Regen abbekommen? Hier kam leider nicht mehr. Hätte ruhig noch etwas sein können.
      LG Susanne

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  5. Stella, oh, Stella schreibt:

    Mannomann, eine Stunde lang Kopf halten, wenn das keine Liebe ist!
    Ein gewaltiger Zahn so ein Pferdezahn …. Giada hat den wahrscheinlich gerochen, da war etwas Blut dran, nicht wahr?
    Ich kann das voll nachempfinden, dass ihr die Zahnbehandlung nicht gefiel … mir gefallen die auch nicht! 🙂 ❤

    Gefällt 1 Person

    • Hilfe für Miranda schreibt:

      Bei dem schweren Kopf ist das sogar eine sehr große Liebe. 😀
      Giada muss den Zahn gerochen haben. Anders kann ich mir das nicht erklären. Ich hatte das Blut zwar abgewaschen, aber das rote oben geht nicht ab. Der Hund muss sich aber auf die Hinterbeine gestellt haben. Weil der Zahn in gut 1,50 Meter Höhe im Regal lag. Sie hat dabei nichts umgeschmissen oder runtergerissen. 🙂
      LG Susanne

      Gefällt 1 Person

  6. Pingback: Mirandas Krankengeschichte – Teil 1 | Tierhilfe Miranda e.V.

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